6 Fragen an: Jan Kirchner, Wollmilchsau
Den Jan kannte ich lange nur als einen der Köpfe hinter der Wollmilchsau, einem der wohl bekanntesten HR-Blogs im deutschsprachigen Raum. Livehaftig getroffen habe ich ihn dann nach der ersten Tru Unconference vor ziemlich genau einem Jahr in Zürich. Bezeichnenderweise bei einem Bier. Oder waren es mehrere? Egal: das fundierte Wissen, die rhetorische Gabe und der coole Auftritt haben mich beeindruckt. Damals noch Geschäftsführer von Monster.ch, habe ich ihn stets in Erinnerung behalten. Und so kam es, wie es kommen musste. Heute ist die Wollmilchsau GmbH, damals noch bekannt als atenta GbR, Partner meiner eigenen Firma recruma gmbh. Neben dem Jan habe ich in der Zwischenzeit noch Mitgründer und Partner Alexander Fedessov und Tobias Kärcher (Konzepte/Kreation) bei meinem Besuch in ihrem Hammer-Büro an der Hamburger Rothenbaum Chaussee kennen gelernt. Da wimmelt es nicht nur von Models, sie vervollständigten auch sonst meinen positiven Eindruck in allen Belangen. Dazu kenne ich nun auch ein paar leckere Hamburger Biersorten mehr, wie z.Bsp. das leckere Astra 😉
Die Wollmilchsäue sind eigentliche Pioniere des Social Recruitings und haben neben vielen Karriereseiten auf Facebook, HR-Blogs und unzähligen Workshops auch ein eigenes Tool – den Jobspreader – entwickelt. Viel geballtes Wissen und Erfahrung also. Zeit, dass sie auch in der Schweiz mal wieder zu Wort kommen.
1. Ihr habt den Blog-Namen neu als Firmennamen aufgenommen. Weshalb dieser Schritt? Kam atenta nicht genügend an?
Unter atenta waren wir früher als Personalvermittlung und Personalberatung aktiv, bevor wir den Weg zur Softwareentwicklung und Agentur für Digitales Employer Branding und HR Marketing gegangen sind. Da der Name des Blogs aufgrund seiner Beliebtheit viel bekannter war als der Name der Firma, und uns – einschliesslich unserer Kunden – ohnehin alle schon so genannt haben, heissen wir jetzt, wie das, was wir im Online-Personalmarketing verkörpern 😉 : Wollmilchsau.
2. Ihr seid nun schon mehrere Jahre aktiv in der Online-HR-Community tätig. Wie beurteilst du die gemachten Erfahrungen über die letzten Jahre und erkennst du Veränderungen in den letzten 12 Monaten?
Die wesentlichste Veränderung wird der demographische Wandel sein und bleiben. Die Zeiten, zu denen Unternehmen noch aus einer Flut von Bewerbern aussuchen konnten, sind in vielen Fachbereichen für viele Jahre vorbei. Dementsprechend wächst auch das Bewusstsein der Arbeitgeber, neue Talente aktiv ansprechen zu müssen. Dass das Internet dabei nicht nur eine von vielen Möglichkeiten, sondern der zentrale Kommunikationsmittelpunkt im Recruiting geworden ist, realisieren viele Unternehmen erst nach und nach. Hier gilt es noch immer Aufklärungsarbeit zu leisten und HR-Abteilungen über die vielfältigen Möglichkeiten zu informieren. Anders als früher, sind Marketing und und technische Aspekte heute ein essentieller Bestandteil eines erfolgreichen Online-Recruitings. Diese Erkenntnis hat sich 2013 weiter durchgesetzt und in der Konsequenz beginnen immer mehr Unternehmen damit, die erfolgskritschen Fragestellung zu sammeln und Lösungen zu suchen. In den letzten 12 Monaten waren die zentralen Herausforderungen vor allem folgende Fragestellungen:
- Wie wirkt sich die Nutzerfreundlichkeit meiner Karriere-Website auf meinen Recruiting-Erfolg aus?
- Wieso habe ich plötzlich 15% mobile Zugriffe auf meine Karriere-Website und wie kann ich meine Webseite optimieren, um keine Bewerbungen zu verlieren?
- Wie kann ich die Effizienz und Effektivität meines Online-Personalmarketings steigern?
- Wie verändert Social Media den Dialog zwischen Unternehmen und Bewerbern und was kann eine Facebookpage oder ein Blog für mein Employer Branding und Personalmarketing leisten?
3. Ihr seid beratend unterwegs und setzt primär digitale Employer Branding Projekte in den Bereichen Facebook Karriereseiten und HR-Blogs um. Dazu habt ihr noch euer Produkt „Jobspreader“ entwickelt. Was „zieht“ derzeit am besten und was ist Stand und Ausblick beim Jobspreader?
Neben Employer Branding mit Facebook und Mitarbeiter-Blogs beschäftigen wir uns viel mit der Optimierung von Karrierewebseiten hinsichtlich der allgemeinen Nutzerfreundlichkeit und der Optimierung der Websites und Stellenbörsen für mobile Bewerber, die ja immerhin schon knapp ein Sechstel aller Zugriffe ausmachen.
Darüber hinaus haben wir den jobspreader zu einer Personalmarketing-Toolbox mit verschiedenen Modulen ausgebaut. jobspreader-Kunden können dank der Schnittstelle zur Bundesagentur für Arbeit (Anmerkung MG: das RAV in DE) jetzt alle Stellen vollautomatisch dorthin übertragen. Unser neues Jobbörsen-Multiposting bietet Unternehmen ausserdem die Möglichkeit ihr Online-Personalmarketing zu automatisieren und ihre Reichweite zu steigern. Beide Module werden freudig angenommen, da das Ein- und Auspflegen von Anzeigen eine recht stupide Tätigkeit ist und Personaler davon abhalten, ihre Zeit und ihr Talent in andere wichtige Aufgaben investieren zu können. (Anmerkung MG: der jobspreader ist auch für die Schweiz verfügbar!)
4. Erkennst du Trend-Unterschiede zwischen Grossfirmen und KMUs und was sind deine Empfehlungen gerade für mittelständische Unternehmungen, die evtl. nicht über eine eigene Personalmarketing-Abteilung verfügen?
Trend-Unterschiede sehe ich da keine, die bisher besprochenen Herausforderungen gelten prinzipiell für alle Unternehmen. Mittelständische Kunden profitieren aufgrund der knapperen personellen Ressourcen aber noch stärker von Automatisierungsprozessen im Personalmarketing, wenn sie es nutzen. Und auch im Mobile Recruiting können sie ihre Flexibilität ausspielen und sich bei einer schnellen Anpassung Vorteile gegenüber den schwerfälligeren Konzern-Unternehmen verschaffen.
5. Wo siehst du die Wollmilchsau in 3-5 Jahren und was wird ihr hauptsächliches Leistungsangebot sein?
Wir werden weiterhin mit Unternehmen aller Grössen neue Wege im Online-Recruiting erschliessen und unsere Kunden bei dem digitalen Wandel begleiten. Das bedeutet, dass wir als Agentur Personalmarketingstrategien und – kampagnen individuell auf Zielgruppen zuschneiden und gemeinsam mit unseren Kunden Arbeitgebermarken online aufbauen. Von der Karrierewebsite, über Mitarbeiterblogs und Facebookpages bis hin zu Mobile Apps.
6. Was ist dein Wunsch an Arbeitgeber, wenn es um ihren Online-Firmenauftritt geht?
Ganz einfach: sie sollten sich Mühe geben. Die Online-Präsenzen sollten sich im Hinblick auf Nutzerfreundlichkeit und Kommunikationsansatz bemühen, die Menschen anzusprechen und einzuladen. Das sieht heute leider oft noch anders aus. Wer Personalmarketing und Employer Branding nicht als kommunikative Disziplin versteht, verrät schon früh, mit welcher Erwartung er Bewerbern gegenübertritt – und damit gleichzeitig, dass er den Wandel im Recruiting nicht begriffen hat. Die Entwicklungen in diesem Jahr stimmen mich da aber milde positiv.
Vielen Dank für das Interview Jan und weiterhin viel Erfolg!
Wer weitere Fragen zu Facebook Karriereseiten, HR-Blogs oder dem Jobspreader hat, darf mich gerne kontaktieren.
Vielen Dank für das Interview Michel!
Ist Employer Branding immer noch so wichtig, jetzt dass die Arbeitslosigkeitsquote so hoch steht? Das Thema ist interessant, ist es aber zurzeit immer noch zutreffend?
Das Thema «Employer Branding» ist für mich unabhängig von der Höhe der Arbeitslosenquote zu verstehen. Natürlich hat diese teilweise etwas mit der Verfügbarkeit von Arbeitskräften zu tun. Den durch die demografische Veränderung stattfindenden Wandel zum Kandidatenmarkt beeinflusst sie, zumindest in unseren Breitengraden, jedoch wenig. Fachkräfte und Spezialisten sind und bleiben gesucht. Employer Branding wirkt auch nicht nur gegen aussen, sondern auch gegen innen. Mitarbeiterbindung und Loyalität sind ebenfalls wünschenswerte Ziele, die mit Employer Branding positiv beeinflusst werden können.