Employer Branding kommt in die Schweiz
Interview mit Wolf Reiner Kriegler, Gründer und & Geschäftsführer der Deutschen Employer Branding Akademie DEBA.
Zugegeben, der Titel ist etwas reisserisch. Aber trotzdem nicht ganz falsch. Die DEBA kommt tatsächlich in die Schweiz. Mehr dazu aber später.
Employer Branding ist eine noch ziemlich junge Disziplin hierzulande. Zumindest, wenn man den Begriff so versteht, wie er in seiner umfassenden Ausprägung verstanden werden sollte. Da niemand das alleinige Recht auf Interpretationshoheit hat, gibt es zahlreiche Deutungen im Markt. Und sie alle haben irgendwie recht, wenn sie behaupten, ein Teil von Employer Branding zu sein. Seien es interaktive Online Jobanzeigen, Firmenportraits auf Business Networks oder Präsenzen in Social Media.
Sprechen wir doch mit Wolf Reiner Kriegler, seines Zeichens Gründer und Geschäftsführer der DEBA. Immerhin beschäftigt er sich bereits seit 1999 mit dem Thema „Arbeitgebermarke“, hat seine Firma DEBA 2006 gegründet und das wohl meist beachtete Buch zum Thema geschrieben (Praxishandbuch Employer Branding, erschienen im Haufe Verlag).
Los geht’s:
1. Reiner, gibt es überhaupt DIE Definition für Employer Branding?
Es gibt viele sinnvolle Begriffsdefinitionen – aus ganz unterschiedlichen Perspektiven. Und es gibt auch Definitionen, die fehl leiten. Zum Beispiel indem sie den Eindruck wecken, Employer Branding sei ein Marketingthema. Wichtiger als eine Definition ist jedoch das Verständnis von Wesen, Wert und Wirkung der Arbeitgebermarkenbildung. Wer das hat, braucht gar keine findige Definition, um das Thema in seinem Unternehmen zu nutzen.
2. Weshalb begeistert du dich dermassen für Employer Branding
Weil es richtig Sinn macht. Seit sieben Jahren beraten und begleiten wir Unternehmen auf dem Weg zur Arbeitgebermarke, vom KMU bis zum globalen Konzern. Es ist einfach klasse mitzuerleben, welche Wirkung schon die ersten Schritte in der Organisation haben. Unternehmen, die mit einer profilstarken Arbeitgeberpositionierung arbeiten, beobachten recht schnell eine beeindruckende Effektkette. Für mich ist die vielleicht nobelste Aufgabe des Employer Brandings, die Passung zwischen Menschen und Organisationen zu verbessern und klar darüber zu orientieren, wer in ein Unternehmen passt und wer nicht. Das spart viel Zeit, Geld und Nerven auf beiden Seiten.
Du kannst den besten Absolventen aus der Uni in St. Gallen einstellen – wenn er in deine spezifische Arbeitskultur nicht passt, wird er schlechte Leistung bringen, frustriert sein und das Team mit runterziehen. Darunter leidet auch die Familie zu Hause. Indem wir das vermeiden, leisten wir einen Beitrag, dass Menschen erfüllter arbeiten und Unternehmen produktiver werden. Wir nennen das: Die Effektivität der Ehrlichkeit.
3. Oftmals ist die Arbeitgebermarke organisatorisch nicht eindeutig zugeordnet. Irgendwie hängt sie im Raum zwischen HR, Unternehmenskommunikation und Marketing. Entsprechend fehlt dem Thema ein klarer interner Treiber. Wer soll sich denn idealerweise darum kümmern?
In der Praxis ist schon viel gewonnen, wenn eine Funktion für das Employer Brand Management überhaupt existiert. Wo diese verortet wird – ob bei Personal oder Kommunikation – ist viel weniger wichtig als die Rollendefinition des/der Employer Brand Manager/in und ein im Unternehmen geteiltes Qualitätsverständnis vom Thema, z. B. dass Employer Branding nicht einfach nur Personalmarketing ist.
Im deutschsprachigen Raum liegt die Verantwortung überwiegend bei Personal – wobei wir beobachten, dass Marketing oder Unternehmenskommunikation immer stärker in das Thema drängen. Am besten gibt es einen „runden Tisch“ verschiedener Kompetenzbereiche, auch über die beiden genannten hinaus.
Kleinere Unternehmen stellen sich diese Fragen erst gar nicht. Dort hat häufig ein Mitglied der Geschäftsführung den Hut auf, und der Mitarbeiter, der sich auch um Personalfragen kümmert, leitet das Projekt. Das funktioniert prima und ist wunderbar pragmatisch.
4. Obwohl Eployer Branding auch hier immer mehr „Thema wird“, scheinen sich Unternehmen oftmals noch zu scheuen, diesbezüglich aktiv zu werden. Oder Sie glauben, mit einem Auftritt in Social Media sei das Wichtigste getan. An was mag das liegen?
Die Schweiz steht gar nicht schlecht da. Wir kennen hier einige, die den Unterschied zwischen Markenbildung und reinen Marketingmassnahmen kennen und sich auf den Weg zur Arbeitgebermarke gemacht haben, z. B. die SBB, Geberit oder auch Glas Trösch. Sie erzielen Erfolge, die mit reinem Personalmarketing nicht zu erreichen sind: Bessere Bewerberpassung, höhere Identifikation, weniger Krankenstand, mehr Leistungsbereitschaft bei den Mitarbeitenden. Um nur einige zu nennen.
Natürlich gibt es auch sehr viele Unternehmen, die ihr Personalmarketing einfach in Employer Branding umbenannt haben und alten Wein in neue Schläuche füllen. Das Phänomen beobachten wir wir auch in Deutschland und Österreich, und vor allem bei den ganz Grossen. Der Mittelstand geht in der Regel bewusster an die Sache ran und hat deshalb die Nase vorn. Dort stehen auch Menschen mit etwas weniger Eitelkeit in der Verantwortung für das Thema, das dient der Sache.
5. Viele Firmen in der Schweiz haben keine dedizierte Personalmarketing Abteilung. Es fehlt oft an Kompetenzen und finanziellen wie auch personellen Ressourcen. Was sind deine Einstiegstipps, gerade auch für KMUs?
Die Kirche im Dorf lassen. Es gibt auch kleine, schlanke Wege, um die Mehrwerte von Arbeitgebermarkenbildung für sich zu nutzen. Zu unseren Kunden zählen nicht nur grosse Arbeitgeber wie die Schweizerischen Bundesbahnen – auch KMU, die natürlich ganz andere Bedürfnisse und Mittel haben. Die Ergebnisse können sich mit denen der „Grossen“ absolut messen.
Es führen viele Wege nach Rom. Auch schmale Pfade, nicht nur Prachtstrassen. Employer Branding ist auch kein Billy-Regal. Du kannst auch mal ein Schräubchen weglassen, und es fällt nicht in sich zusammen.
6. Ist Employer Branding also der Heilsbringer gegen den Fachkräftemangel?
Das nicht. Es ist jedoch eines der wenigen Steuerungsinstrumente für die zielgerichtete Entwicklung der eigenen Arbeitgeberattraktivität, das die Unternehmen auch wirklich selber in der Hand haben. Ob ich nun schon akut unter Fachkräftenot leide oder vorbauen will – warum nicht die Chancen nutzen, die sich bieten?
7. Wo siehst du den Entwicklungsstand von Employer Branding in der Schweiz und was ist deine Motiviation, dem Thema auch hier zu mehr Aufwmerksamkeit zu verhalfen??
Als in Deutschland schon 2006 Employer Branding boomte, sprangen viele sehr unreflektiert auf den Zug auf. Heute, acht Jahre später, herrscht ein anderes Niveau im Thema – es gibt qualifizierte Informationen, die Spreu hat sich vom Weizen getrennt.
Davon profitiert die Schweiz. Auch hier wird das Thema immer wichtiger. Die SBB, die wir schon 2011 im Employer Branding Prozess begleiten durften, war sicher Vorreiter. Für die meisten Schweizer Unternehmen ist die Zeit jetzt erst gekommen, in den Aufbau einer Arbeitgebermarke zu investieren.
Das Gute daran: Sie können viele Fehler vermeiden, die in Deutschland in den Boomjahren gemacht wurden. Schweizer Unternehmen können heute auf höherem Niveau durchstarten, auf mehr fundiertes Wissen und sogar Ausbildungsprogramme zum Employer Brand Management zurückgreifen.
Unser neuer „Direktor Schweiz“ ist übrigens ein sehr pfiffiger, talentierter junger Mann. [Anmerkung der Redaktion: das kann ich bestätigen! 😉 ] Ich freue mich ausserordentlich darauf, mit ihm gemeinsam das Thema Employer Branding auch in der Schweiz zu fundieren und für Unternehmen pragmatisch zu erschliessen.
Reiner, vielen Dank für das Interview und bis bald!
In eigener Sache
Seit Mai 2014 verfügt die DEBA in der Schweiz über eine eigene Anlaufstelle. Ich freue mich sehr, neben meiner Tätigkeit als Inhaber der recruma gmbh, Firmen kompetent in Sachen Employer Branding beraten und bei Projekten behilflich zu sein. Im Verbund mit der DEBA ergibt sich dadurch ein perfekter Mix von lokalem KnowHow, fundierter Theorie und viel erprobter Praxiserfahrung. Vom KMU bis zur international aufgestellten Grossfirma. Erfahren Sie mehr, wie Employer Branding auch Ihrem Unternehmen eingesetzt werden kann und kontaktieren Sie mich.
Über DEBA
Die DEBA ist eine Management- und Markenberatung für Arbeitgeberattraktivität und das einzige ausschließlich auf Employer Branding Themen spezialisierte Beratungsunternehmen. Wir entwickeln Arbeitgebermarken und halten Sie auf Kurs. Strategieentwicklung, Steuerung und Controlling – mit uns und unseren Partnern finden Sie die für Sie passenden Lösungen entlang der gesamten Prozesskette der Arbeitgebermarkenbildung.
Praxistipp
Der Weg zum Ziel muss nicht zwingend über ein grösseres Logo führen: