HR im Rollenwandel – Den Finger in die Wunde legen
Dieser von mir geschriebene Text erschien ursprünglich im BlogHub von HR Today am 25. März 2015
Den Finger in die Wunde legen
«Wenn alles anders wird, bleibt HR gleich.» Oder doch nicht? Was habe ich bereits mit Experten und Unternehmensvertretern zu diesem Thema diskutiert. Hier die Frustration motivierter Dienstleister, welche die oft innovationsresistenten Ansprechpartner aus dem HR für ihre Services zu begeistern versuchen. Zumeist erfolglos notabene. Dort die Vertreter von HR, die im Wust zwischen administrativen und operativen Herausforderungen kaum mehr weiter als die nächsten Tage denken können. Sich viel zu selten die Zeit nehmen können für langfristige Strategien. Für neue Herausforderungen. Für den Markt. Für die Technologie. Für das Netzwerken. Für Online. Für Mobile. Für Vermarktung. Für das Ausprobieren.
In der Tat ist die Diskrepanz zwischen Anforderung an ein neues Rollenverständnis und Machbarem im HR oftmals eklatant. Und trotzdem funktioniert «es». Irgendwie. Auch im Recruiting. Nutzniesser sind die zahlreichen Personalvermittler, -Berater, -Agenturen oder wie auch immer wir sie nennen wollen. Sie profitieren von der Schockstarre im HR als quasi outgesourcte Recruitingabteilung. Und das ganz ordentlich, wenn sie denn ihren Job gut erledigen. Und das tun doch einige.
Während also die halbe zeitungslesende Welt weiss, dass das mit der Demografie kein Gerücht ist und der technologische Wandel tagtäglich erlebt wird, während wir erfahren, dass sich die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auch nicht gerade vielversprechend entwickeln – auch für den Personalmarkt – tun sich Unternehmen aller Grössen immer noch schwer mit dem Gedanken, nachhaltig ins HR zu investieren. In zusätzliches Personal mit neuen Skills, in Technologie, in Wissen, neue Kanäle, in Strategie. Weil – ja, wir wissen es – das kostet. Wenn die Profitmarge wegen einem starken Franken zusätzlich gefährdet ist, wird nicht investiert. Sondern gespart und gejammert. Als Geschäftsführer verstehe ich die Zusammenhänge und Abhängigkeiten. Und verurteile diese kurzfristige Denke trotzdem.
Die zielführende und stringente Führung, Pflege und Entwicklung des eigenen Unternehmensauftrittes gegen innen und aussen ist unabdingbar. Hier erfahre ich breite Zustimmung von Unternehmen. Sehe aber selten genug entsprechende Investitionen. Wo die gelebte Kultur mit vordefinierten Werten disharmoniert, wo die Positionierung nicht mit effektiven Kandidatenerlebnissen übereinstimmt, wo ewiggleiche Worthülsen weder Differenzierung noch Orientierung bieten: da herrscht Handlungsbedarf. Den Finger in die Wunde zu legen hat noch nie geschadet. Das tut nur am Anfang weh.
Eine oftmals zutreffende Beschreibung des Situation des HR.
Schockstarre?! Man wird differenzieren müssen. Die Bandbreite ist sicher enorm: vom Administrator bis zum wirklichen HR Business Partner ist alles dabei.
HR wird jedoch dort zum strategischen Partner, wo es das Management wirklich will und den strategischen Nutzen von HR erkennt. Letzteres zu vermitteln, ist auch Aufgabe von uns Personalern.
Danke für den Kommentar
Ja, den Nutzen vermitteln. Mittels Kennzahlen, Mehrwerten, Einschätzen und Antizipieren von Marktentwicklungen. Mit Businessdenken, das weit über HR hinausgeht. Mit HR- und anderen Kompetenzen uvm. – und nochmals ja: ich finde Schockstarre bei vielen Firmen zutreffend. Da verändert sich gerade enorm viel , doch man schaut zu, weiss nicht, wie damit umgehen. Und da muss HR im Management Überzeugungsarbeit leisten. Immer und immer wieder…
Viele Grüsse
Michel Ganouchi
Gerne, Herr Ganouchi. Und vielen Dank für Ihre ergänzenden Gedanken. Gerade der Punkt «Überzeugen durch Kennzahlen» wird m.E. als Mittel des Selbstmarketing noch viel zu wenig genutzt.
Beste Grüße,
Ihr
Bernd Litzenberger
http://www.kompetenz-persoenlich-gestalten.de